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Ratsinformationssystem der Stadt Schleswig

ALLRIS - Vorlage

Mitteilung öffentlich - VO/2025/165

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Beratungsfolge

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Unterrichtung/Beteiligung

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen (§ 47 f GO): Nein

Unterrichtungspflicht des Seniorenbeirates (§ 47 e GO): Nein

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Sachverhalt

1. Zuständigkeit

Gem. § 2 Nummer 2 der Zuständigkeitsordnung entscheidet der Bau-, Klimaschutz- und Umweltausschuss über städtebauliche Planungen (z.B. Rahmenpläne, Entwicklungsmaßnahmen).

 

2. Sachdarstellung

Am 30. Oktober 2025 ist das Gesetz zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung (sog. Bau-Turbo) in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist es, den Wohnungsbau durch vereinfachte und beschleunigte Verfahren zu fördern. Zu diesem Zweck erfahren zentrale Regelungen des Baugesetzbuches (BauGB) Änderungen, die insbesondere die Planungs- und Genehmigungsverfahren betreffen.

 

Unter anderem wurde in § 31 Absatz 3 BauGB für die Gemeinden eine Möglichkeit geschaffen, zugunsten des Wohnungsbaus von Festsetzungen eines Bebauungsplans zu befreien. Durch § 34 Absatz 3 b BauGB ist es zusätzlich auch möglich im unbeplanten Innenbereich zugunsten des Wohnungsbaus vom Erfordernis des Einfügens in die nähere Umgebung abzuweichen.

 

Das zentrale Element des Gesetzes ist allerdings die Einführung von § 246e BauGB, einer Experimentierklausel, die eine befristete Sonderregelung bis Ende 2030 zur Zulassung von bauplanungsrechtlichen Abweichungen für den Wohnungsbau vorsieht. Diese Regelung ermöglicht es, bei Wohnbauvorhaben von den allgemeinen Vorschriften des BauGB, der Baunutzungsverordnung (BauNVO) und bestehenden Bebauungsplänen abzuweichen, um die Schaffung von Wohnraum zu beschleunigen.

 

Dabei wird darauf geachtet, dass die kommunale Planungshoheit und die Rechte der Nachbarn nicht unangemessen beeinträchtigt werden.

 

Zulässigkeit von Abweichungen nach § 246e BauGB

Nach § 246e Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 BauGB können Abweichungen für die Neuerrichtung von Wohngebäuden zugelassen werden. Dies betrifft insbesondere die Schaffung von neuem Wohnraum, wobei keine Mindestzahl an Wohnungen vorgeschrieben wird.

 

Für Maßnahmen im Bestand – wie die Schaffung neuer Wohnungen oder die Wiederherstellung von bestehendem Wohnraum – gelten die § 246e Absatz 1 Satz 1 Nummern 2 und 3 BauGB. Diese ermöglichen ebenfalls Abweichungen von den üblichen bauplanungsrechtlichen Vorgaben, wenn durch die Maßnahme Wohnraum entsteht oder bestehender Wohnraum wieder nutzbar gemacht wird.

 

Zulassung von Anlagen für soziale und andere Zwecke

Wird ein Vorhaben gemäß § 246e Absatz 1 BauGB zugelassen, können gemäß § 246e Absatz 5 BauGB auch Anlagen zugelassen werden, die den Bedürfnissen der Bewohner dienen. Dazu gehören z.B. Kitas, Gesundheitseinrichtungen oder kulturelle Einrichtungen sowie Läden, die der Deckung des täglichen Bedarfs dienen. Die Zulassung dieser Anlagen setzt voraus, dass sie tatsächlich den Bedürfnissen der Bewohner dienen.

 

Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen und nachbarlichen Interessen

Für Vorhaben nach § 246e Absatz 1 BauGB gilt, dass diese nur zulässig sind, wenn sie mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind und auch nachbarliche Interessen gewürdigt werden. Öffentliche Belange umfassen insbesondere gesunde Wohnverhältnisse (z. B. Lärm, Luftqualität), Verkehr und Umweltschutz. Nachbarliche Interessen sind dabei nur solche, die öffentlich-rechtlich geschützt sind, z. B. durch das Rücksichtnahmegebot.

 

Strategische Umweltprüfung (SUP) und Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)

Bei Vorhaben, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben (insbesondere im Außenbereich oder bei Abweichungen von bestehenden Bebauungsplänen), ist gemäß § 246e Absatz 1 Satz 2 BauGB eine Strategische Umweltprüfung (SUP) erforderlich. Sollte eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach den §§ 18.7 und 18.8 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVPG) notwendig sein, bleibt diese Verpflichtung bestehen. Die Ergebnisse der Umweltprüfungen sind im Baugenehmigungsverfahren zu berücksichtigen.

 

Voraussetzungen im Außenbereich

Für Vorhaben im Außenbereich ist § 246e BauGB nur anwendbar, wenn sie im räumlichen Zusammenhang mit Flächen stehen, die nach den §§ 30 oder 34 BauGB beurteilbar sind. Ziel dieser Regelung ist der Schutz des Außenbereichs, wobei die Entwicklung außerhalb bestehender Siedlungsbereiche nur dann zulässig ist, wenn sie als organische Fortentwicklung des Siedlungsbereichs wahrgenommen werden kann. Der räumliche Zusammenhang muss im Einzelfall geprüft werden, allerdings geht der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung davon aus, dass der räumliche Zusammenhang bei einem Abstand von 100m zur letzten Bebauung noch gegeben ist.

 

Zustimmung der Gemeinde

Die Zulassung einer Befreiung nach § 31 Absatz 3 BauGB oder einer Abweichung nach § 34 Absatz 3 b BauGB oder nach § 246e Absatz 1 BauGB bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Diese Zustimmung ist notwendig, um die kommunale Planungshoheit der Selbstverwaltung zu wahren. Laut § 36a BauGB muss die Gemeinde innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Ersuchens entscheiden. Wird keine Entscheidung innerhalb dieser Frist getroffen, gilt die Zustimmung als erteilt (Zustimmungsfiktion). Die Gemeinde kann ihre Zustimmung unter Bedingungen erteilen, wie etwa der Verpflichtung des Vorhabenträgers, städtebauliche Anforderungen zu erfüllen oder Förderbedingungen einzuhalten.

 

3. Bewertung

Das Inkrafttreten des Bau-Turbos bietet der Stadt Schleswig die Möglichkeit, den dringend benötigten Wohnraum schneller und flexibler zu schaffen, insbesondere durch die Anwendung von Befreiungen oder Abweichungen von bestehenden bauplanungsrechtlichen Vorgaben.

 

Im Zuge der Erstellung des Innenentwicklungskonzepts werden auch unter besonderer Berücksichtigung der Regelungen des „Bau-Turbo“ Potentialflächen für den Wohnungsbau benannt werden.

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